Press "Enter" to skip to content

GK039 | Von den Opiumkriegen bis zur Panzerschokolade [Transkript]

Die Geschichte der internationalen Drogenpolitik

https://graukaue.ruhr/gk039/

Hängen!

Michael Holtkamp:

[0:26] Glückauf! Mein Name ist Michael Holtkamp und dies ist Episode 39.

Michael Holtkamp:

[0:33] In der letzten Episode haben André und ich darüber gesprochen, wie Hanf bzw.
Cannabis seit Jahrtausenden von uns Menschen genutzt wird.
Zum einen als Rohstoff für solche Dinge wie Lebensmittel, Textilien und Papier und zum anderen als Rauschmittel.
In dieser Episode setzen wir das mit der Geschichte der internationalen Drogenpolitik fort.
Dabei beginnen wir im 19. Jahrhundert mit den beiden Kriegen, in denen Großbritannien seine militärische Übermacht nutzte, um sich seinen Zugang zu den chinesischen Absatzmärkten für Opium zu sichern, den sogenannten Opiumkriegen.
Während es immer größere Mengen Opium nach China exportierte und der Opiumkonsum dort immer weiter zunahm, entwickelte sich eine internationale Bewegung mit dem Ziel, den Handel mit Opium sowie mit anderen Drogen zu kontrollieren.
So entstand am Anfang des 20. Jahrhunderts das internationale Opiumabkommen und infolgedessen das Deutsche Reichsopiumgesetz.
Nachdem Cannabis zunächst nicht berücksichtigt worden war, wurde es dann doch noch zur Liste der kontrollierten Substanzen hinzugefügt und die Cannabis-Prohibition war geboren.

Michael Holtkamp:

[2:01] An dieser Stelle werden wir in der nächsten Episode weitermachen, aber eines nach dem anderen.
Also, dies ist mein Kumpel André Wolf.

Opiumkriege

Michael Holtkamp:

[2:20] Also, gut. Was ich letztes Mal schon gesagt hatte, war, dass wenn wir die Cannabis-Prohibition in Deutschland besprechen möchten, dass wir dann die Cannabis-Prohibition weltweit oder zumindest in vielen Ländern dieser Welt besprechen müssen.
Und wir müssen dann auch über andere Drogen sprechen als nur Cannabis.
Ich glaube, das wird gleich ziemlich klar, warum ich das sage.
Die Cannabis-Prohibition ist nicht einfach so alleine entstanden, sondern war Teil einer größeren internationalen Entwicklung.
Und ich hatte gesagt, anfangen müssten wir im 19.
Jahrhundert und zwar würde ich anfangen mit den beiden Opiumkriegen, die damals in China stattgefunden haben.
Großbritannien hat diese beiden Kriege ja nicht nur angefangen, sondern bestritten und sie haben sie ja noch am Ende gewonnen.
Es war zu der Zeit wohl so, dass in China Opium konsumiert wurde.
Ich weiß nicht in welchen Mengen, aber dort war es bekannt und in anderen Ländern wohl nicht so sehr.
Im Rest der Welt war es nicht wirklich bekannt, aber in China schon. Und.

Michael Holtkamp:

[3:46] Außer Opium hat China noch einige andere Sachen hergestellt und manche von denen waren beliebte Exporte.
Teilweise waren es Luxusgüter.
China hat so Sachen hergestellt und exportiert wie Seide, Porzellan und auch Tee.
Und zum Beispiel diese drei Güter waren sehr beliebt und nachgefragt in Europa und genauer gesagt in Großbritannien.
Und die waren so beliebt und die Briten haben so viel von diesen Gütern aus China exportiert, dass die Leistungsbilanz Großbritanniens ein großes Defizit gegenüber China aufgewiesen hat zu der Zeit.
Und als Konsequenz dessen ist dann viel europäisches Silber abgeflossen nach China.
Und entsprechend dem mehrkantilistischen Zeitgeist von damals war Großbritannien daran interessiert, die Leistungsbilanz auszugleichen.
Mit dem Defizit waren sie nicht zufrieden oder vielleicht nicht ausgleichen, aber sie wollten zumindest das Defizit reduzieren, sagen wir mal, wahrscheinlich bestenfalls ausgleichen.

Michael Holtkamp:

[5:01] Und um das zu erreichen, wollten sie Opium aus Indien, aus dem östlichen Teil des indischen Subkontinents, was damals von den Briten bereits besetzt worden war, nach China exportieren.
Also die wollten es dort in Indien anbauen und dann nach China exportieren und so ihr Leistungsbilanzdefizit bekämpfen.
So und damit haben sie dann begonnen und waren wohl auch sehr erfolgreich.
So erfolgreich, dass sie das Leistungsbilanzdefizit nicht nur aufgehoben, sondern umgekehrt haben.
Also sie hatten einen Leistungsbilanzüberschuss gegenüber China.

Michael Holtkamp:

[5:49] Was passiert?
Wahrscheinlich nicht möglich war, ohne den Opiumkonsum in China irgendwie zu erhöhen.
Wie sie das bewerkstelligt haben, weiß ich nicht.
Aber wenn du dir die Mengen von Opium, wenn du dir mal anschaust, wie viel wohl ungefähr konsumiert wurde und wie viel die Briten exportiert haben, Dann sieht es so aus, als sei der Opiumkonsum im Laufe dieser Zeit, also Anfang des 19.
Jahrhunderts, stark angestiegen.

André Wolf:

[6:23] War das ein reines Oberschichtsphänomen in China?
Jetzt habe ich so ein bisschen im Hinterkopf, dass die Elite zum Teil dann ja auch opiumsüchtig wurde und das ja auch Auswirkungen auf die politischen Geschäfte in China hatte.
Oder war das schon etwas, was die breite Masse des Volkes auch erreicht hat?

Michael Holtkamp:

[6:42] Das weiß ich nicht. Also wie es in China selber war, wüsste ich jetzt gar nicht.

Michael Holtkamp:

[6:50] Ich komme da gleich an anderer Stelle nochmal drauf zurück. Da geht es dann um Chinesen auf den Philippinen oder Chinesen in den USA, die Opium konsumiert haben.
Zum Beispiel in den USA, da waren es die chinesischen Arbeiter, die die transkontinentale Eisenbahn gebaut haben im 19. Jahrhundert.
In dem Fall waren es Arbeiter und die hatten ihre Opium-Pfeifen.
Ich war ich kenne mich jetzt auch mit der wirkweise von opium nicht gut genug aus ich weiß gar nicht was der effekt davon ist ob es vielleicht besonders dann nützlich ist wenn du physische arbeit verrichtet oder ob es vielleicht so geistig stimulierend ist so dass leute also so leute die am schreibtisch arbeiten wie du und ich die meiste zeit so dass die da eher davon profitieren oder, kann ich dir wirklich nicht sagen, welche Schicht das war.
Vielleicht war es auch gut möglich, dass sich das im Laufe der Zeit, also im Laufe der zunehmenden britischen Exporte, gewandelt hat.
Vielleicht hat es als, sagen wir mal, als Unterschicht oder Arbeiterschichtphänomen begonnen und hat sich dann naja, also weil China, beziehungsweise die, ich glaube es war ja damals die Qing-Dynastie.

Michael Holtkamp:

[8:10] Im 19.
Jahrhundert, die sind dann irgendwann aktiv geworden und haben diesen Opiumkonsum als Problem erkannt und wollten etwas dagegen tun.

Michael Holtkamp:

[8:20] Möglicherweise haben sie das als Problem erkannt, weil es plötzlich Einzug gehalten hat in ihr Umfeld, in ihre Kreise.

André Wolf:

[8:30] Man könnte jetzt ja denken, dass zu Anfang, wenn erst mal nur wenige Mengen von Opium importiert werden, die Ware noch ziemlich teuer ist, weil es erst mal knapp ist in China. und dann im Zeitverlauf die Preise sinken, je mehr eben Anopium ins Land gepumpt wird.
Dann könnte es ja auch die umgekehrte Entwicklung gewesen sein, dass es vielleicht eher nur was war für die Oberschicht, weil nur die sich das leisten konnten und sich das dann aber mit sinkenden Preisen auch immer mehr als Massenphänomene entwickelt hat.

Michael Holtkamp:

[8:57] Ja, möglich.

André Wolf:

[8:58] Aber das weiß ich auch nicht genau.

Michael Holtkamp:

[9:01] Ja, also wissen tue ich es auch nicht, ist aber meines Erachtens vollkommen plausibel.
Die, genau genommen, glaube ich, bevor die Briten aktiv wurden und ihr Opium nach China verkauft haben, haben die Chinesen wahrscheinlich Opium im Land produziert.
Also ich glaube, das mussten die noch gar nicht importieren.
Also könnte auch sein, dass so Bauern das mit ange… Ich glaube, Opium, dafür brauchst du Schlafmohn, ne? oder verwechsel ich das mit?

André Wolf:

[9:31] Ich meine schon. Ist das nicht auch dieselbe Pflanze, aus der Heroin gewandert?

Michael Holtkamp:

[9:35] Ich glaube ja, ich habe das bei der Vorbereitung, ich bin da nicht tief eingestiegen, aber es gibt ja Opium und Morphium gewinnst du, glaube ich, entweder aus Opium oder auch aus Schlafmohn.
Das war ein deutscher Chemiker, der das irgendwann entwickelt hat und die Sachen sind alle, also ich glaube, Opiate sind sind Opium-Derivate.
Das ist meine Vermutung, wissen tue ich das nicht.
Und möglicherweise sind Morphium, Heroin, eventuell sind das alles Opiate.
Ich bin mir unsicher. Das müsste ich recherchieren.
Gut, aber was ich sagen wollte, ich könnte mir auch vorstellen, dass es eben in China begonnen hat mit dem Konsum durch, also dass es damit begonnen hat, dass Bauern vor allem Opium konsumiert haben, weil die eben landwirtschaftlich tätig waren.
Dann haben sie eben auch Schlafmohnen angebaut. Vielleicht.
Gut, ähm …
Wie dem auch sei, China wollte das irgendwann unterbinden, weil es immer mehr zum Problem wurde.
Es wurde immer mehr konsumiert und es gab immer mehr Süchtige und es ging eben mit den Problemen einher, mit denen Drogenkonsum einhergehen kann.

Michael Holtkamp:

[11:00] Und entweder haben die dann als Reaktion darauf ein Opiumhandelsverbot verhängt oder das Verbot gab es vielleicht da schon. Da bin ich mir jetzt nicht so ganz sicher.
Spielt auch keine so wirklich entscheidende Rolle. Was entscheidend ist, ist, dass die Briten dieses Handelsverbot nicht respektiert haben.
Der chinesische, die hatten den, der Handel mit China, der war irgendwie gut organisiert und der meiste Handel der Briten, vielleicht von Indien aus, wie auch immer, ging glaube ich über Kantonen, sodass die Chinesen das dort und an anderen Häfen gut kontrollieren konnten.
Und naja, aber gut, Opium sollten sie eben dann nicht mehr ins Land bringen.
Und China hat versucht, da was gegen zu tun.
Die haben an Queen Victoria damals wohl einen Brief geschrieben und haben an ihr, ja, an ihr menschliches Mitgefühl appelliert und haben geschrieben, hier, wir haben echt Probleme damit.
Bitte sorgen Sie doch dafür, dass Ihre Landsleute kein Opium ins Land bringen und so weiter.
Aber die Königin Queen Victoria hat den Brief wohl nie gelesen und ja.

Michael Holtkamp:

[12:22] Es wurde dann immer weiter Opium ins Land geschmuggelt.
Die britischen Händler haben es an chinesische Schmuggler verkauft, die haben es ins Land gebracht und haben es dann weiter vertrieben an die Konsumenten.
Und ja, irgendwann sah sich China gezwungen, aktiv zu werden.
Und eines Tages haben sie eine große Menge Opium konfissiert von britischen Händlern.

Michael Holtkamp:

[12:47] Und nicht nur, dass sie das konfissiert haben, sie haben es auch recht öffentlich an irgendeinem Strand vernichtet.
Ich weiß nicht, ob man das so einfach machen kann, große Mengen Opium zu verbrennen, aber das haben die gemacht.
Und da waren die britischen Händler natürlich nicht froh.
Die haben dann gefordert, dass sie kompensiert werden, also zum einen kompensiert werden für den Verlust der Ware und zum anderen, dass ihnen die Möglichkeit zum freien Handel gewährt wird.
Weil deren Sichtweise war wahrscheinlich, ihr dürft Sachen nach Großbritannien exportieren, wie ich sagte, Seide, Porzellan, Tee und und und.
Dann lasst uns doch das nach China oder in euer Land exportieren, was wir exportieren möchten.

Michael Holtkamp:

[13:41] Und, also, wenn wir mal ausblenden, dass wir hier von einer Droge sprechen, finde ich das an sich auch erstmal vollkommen plausibel, ne, und wenn du der Meinung bist, dass das keine Rolle spielt, ob das eine Droge ist oder nicht, sondern du auf dem Standpunkt stehst, wir haben ja einen Verkäufer, in dem Fall einen britischen Verkäufer und du hast einen Käufer, in diesem Fall einen chinesischen Käufer und die sind sich einig, die wollen miteinander Handel treiben, in diesem Fall mit Opium.
Und jetzt sagt irgendeine chinesische Behörde oder der chinesische Staat sagt nee, nee, nee, das dürft ihr nicht, kann ich verstehen.

Michael Holtkamp:

[14:22] Dass man auf dem Standpunkt steht, dass man aber die Freiheit haben sollte, das zu tun.
Das sind zwei mündige Bürger.

André Wolf:

[14:33] Das war natürlich auch die übliche Kolonialtaktik der Engländer zu der Zeit.
Jetzt nicht nur mit Blick auf China, Die Flagge folgt dem Handel, also erstmal schickt man die Händler, um eine Wirtschaftsbeziehung aufzubauen und pura puh kommt die Politik und das Militär nach.
Insofern eine konsistente Umsetzung auch der eigenen Strategie.

Michael Holtkamp:

[14:55] Ja, das mit dem Militär ist ein gutes Stichwort, denn die Chinesen sind auf die Forderungen der Briten nicht eingegangen.
Sie haben ihnen keine Kompensation gezahlt und sie haben ihn auch nicht eingeräumt, freien Handel zu treiben, zumindest nicht mit Opium. Und…
Somit kam es dann zu einer militärischen Auseinandersetzung, beziehungsweise zu einem Krieg.

Michael Holtkamp:

[15:27] Großbritannien hat seine Marine dorthin geschickt und wir sprechen hier, ich habe es glaube ich noch gar nicht erwähnt, Kriegsausbruch war im Jahr 1839 und der Krieg dauerte bis 1842 an.
Also im Jahr 1839, wir sind schon fast Mitte des 19.
Jahrhunderts, da ist ja die Industrialisierung in Großbritannien bereits im vollen Gange.
Wahrscheinlich war das kein unwesentlicher Grund dafür, dass Großbritannien in der Lage war, eine Marine dorthin zu schicken, die dem chinesischen Militär deutlich überlegen war.
Und somit hatte China wohl schlechte Karten, keine guten Chancen, den Angriff der Briten abzuwehren.
Und ja, dann der Krieg dauert ungefähr drei Jahre.
Wie ich schon sagte, Großbritannien gewinnt das am Ende. Und als Sieger können sie China dann zur Öffnung des chinesischen Marktes für Europäer zwingen.
Das ist das eine, das war zum einen der Anlass und wahrscheinlich das Hauptziel des Ganzen.
Als Folge dieses Krieges erhält Großbritannien übrigens auch die Insel Hongkong, die sie ja erst, ich glaube, in den 1990er Jahren wieder zurückgegeben hat.

André Wolf:

[16:52] Ja, genau.

Michael Holtkamp:

[16:54] Und außerdem spielt der Ausbruch des Ersten Opiumkrieges eine wichtige Rolle in der chinesischen Geschichte.
Die chinesische Historiker sprechen von dem sogenannten Jahrhundert der Demütigung oder genau von den 100 Jahren der nationalen Demütigung.
Und begonnen, also das ist die, genau genommen sind es 110 Jahre, aber das ist die Zeit, in der China unter, ja ist Herrschaft zu viel gesagt, aber unter Fremd, es gibt ein besseres Wort.
Aber erst waren es die Briten, später waren es die Japaner, die…
Ja, ich weiß nicht, wie ich es formulieren soll.

André Wolf:

[17:49] Ja, auch Fremdbesiedlung, oder? Ich meine, die hatten doch ihre eigenen Küstenstädte dann gegründet, die Europäer.

Michael Holtkamp:

[17:55] Genau. Also in der Zeit konnte China nicht selbstbestimmt seine eigenen Angelegenheiten verwalten, sagen wir mal so.
Und das endete eben 1949, dann nach Ende des Zweiten Weltkriegs, den Japan ja verloren hat, unter anderem. Und ja, welche Küstenstädte haben die gegründet?
Also Hongkong wurde natürlich zu einer Metropole.

André Wolf:

[18:23] Ja, Küstenstädte ist vielleicht zu viel gesagt, aber sie hatten ja schon auch ihre Handelszentren dann an den Küsten, wo ja auch Europäer zum Teil gesiedelt haben.

Michael Holtkamp:

[18:32] Ja, so wie Kanton, was ich eben sagte.
Ich glaube, es gab so sechs oder sieben Haupthandelspunkte an der chinesischen Küste.
Gut, also das war der erste Opiumkrieg. Es kommt dann noch zu einem zweiten Opiumkrieg in der Zeit von 1856 bis 1860.
Da kämpfen dann Großbritannien und Frankreich zusammen gegen China.
China verliert auch diesen Krieg wieder und als Konsequenz dessen werden sie zu weiteren Zugeständnissen gezwungen und das Jahrhundert der Demütigung dauert an.

Opium-Prohibition auf den Philippinen

Michael Holtkamp:

[19:18] Dann, im Jahr 1898 findet der, also wir sind jetzt nicht mehr in Asien, 1898 findet der Spanisch, achso, doch sind wir wohl, aber nicht in China, 1898 findet der Spanisch-Amerikanische Krieg statt, den die USA gewinnen.
Und damals besetzen sie zum einen Puerto Rico und Guam, die ja immer noch keine amerikanischen Bundesstaaten oder so, aber amerikanische Territorien sind.
Und zudem besetzen sie damals die Philippinen, die vorher von den Spaniern besetzt waren.
Und unter jener spanischen Herrschaft gab es ein staatliches Lizenzsystem der Opiumkontrolle.
Und der Grund, warum es das gab, war wohl, dass es auf den Philippinen chinesische Siedler gab, die das als Tradition oder Gewohnheit mitgebracht haben.
Die indigene Bevölkerung der Philippinen, ich weiß nicht, ob die das kannten, ob die das konsumiert haben, aber dieses Lizenzsystem war wohl für die chinesischen Siedler.

Michael Holtkamp:

[20:39] Also Ende des 19. Jahrhunderts ist der Krieg und dann 1905 führen die USA als Besetzer die Prohibition ein, übrigens gegen den Rat von Experten.
Dieses Lizenzsystem funktionierte angeblich ganz gut und die Amerikaner schaffen das ab und führen die Prohibition ein, die wohl recht repressiv war und auch destruktiv.
Und die hat zu einem Schwarzmarkt geführt, was du eben erwarten kannst.
Angeführt wurde das Ganze von einem Missionsbischof namens Charles H. Brandt.
Der war sowas wie die Führungsfigur der evangelikalen Anti-Opium-Bewegung, die auch als sehr rassistisch beschrieben wird.

Michael Holtkamp:

[21:46] Und dieser Charles Brandt, der hat nicht nur die Prohibition auf den Philippinen verantwortet, er hat dann auch noch ein Gutachten verfasst, was zur Grundlage der nationalen Opiumprohibition in den USA wurde. Aha.

Michael Holtkamp:

[22:37] Würde ich sagen. Vielleicht allgemein Asiaten, aber vor allem Chinesen, haben den Ruf, viel und hart zu arbeiten.
Mexikaner vielleicht eher körperliche Arbeit, aber das ist immer noch die Reputation, die denen anhängt.
Vielleicht stammt die aus der Zeit des Eisenbahnbaus oder vielleicht hatten sie die Reputation da schon und deswegen wurden sie ins Land geholt.
Ich bin mir nicht sicher. Aber irgendwann wurde der Bau der Eisenbahn abgeschlossen und.

Michael Holtkamp:

[23:09] Dann hattest du die ehemaligen Arbeiter, die wurden teilweise arbeitslos und da habe ich so verschiedene Informationen gefunden.
Also scheinbar hattest du einerseits das Phänomen, dass jetzt arbeitslose chinesische Arbeiter öfter oder mehr Opium konsumiert haben als vorher.
Ja, andererseits hattest du wohl den Effekt, dass, wie ich eben sagte, Chinesen oder zumindest diese chinesischen Einwanderer den Ruf hatten, sehr hart zu arbeiten und jetzt, wo die Eisenbahn fertig war, waren die plötzlich eine Konkurrenz für all die anderen Leute im Land, die eben auch Arbeit gesucht haben.
Und vielleicht hat der eine oder andere die Befürchtung gehabt, dass er mit den chinesischen Einwanderern nicht konkurrieren kann.

Internationale Opiumkommission

Michael Holtkamp:

[24:12] Ähm, so, also nochmal zurück zu Charles Brandt, also mehr oder weniger.
Im Jahr 1909, wir wechseln jetzt so erstmalig so auf die wirklich internationale Ebene. Im Jahr 1909 trifft sich das erste Mal bzw.
Wird die internationale Opiumkommission gegründet und zwar in Shanghai.
Liegt auf der Hand, weil Opium war ein chinesisches Phänomen und der Tagungsleiter war eben dieser Missionsbischof Charles Brandt.
Und die haben 14 weitere Staaten eingeladen, Österreich, Ungarn sowie die Türkei, die haben abgelehnt, die anderen zwölf sind gekommen.
Also es waren 13 Staaten, die haben teilgenommen und die Opiumkommission wurde gegründet. Und die haben dann beschlossen im Jahr 1909, dass sie sich ein paar Jahre später nochmal treffen würden.

Erste internationale Opiumkonferenz

Michael Holtkamp:

[25:16] Und das wurde dann in der Zwischenzeit organisiert. Und im Jahr 1911 bis 1912 hat dann die erste internationale Drogenkonferenz stattgefunden.
Das dann in Den Haag.

Michael Holtkamp:

[25:32] Und Charles Brandt war auch wieder Tagungsleiter. Und bei dieser Konferenz wurde die erste internationale Opiumkonvention verfasst und beschlossen.
Und das gilt als sowas wie die Geburtsstunde der globalen Drogenkontrolle.
Also das war jetzt das erste Mal.
Also ich habe ja gerade gesagt, wir sind jetzt auf der internationalen Ebene.
Vorher bei einer Auseinandersetzung zwischen Großbritannien und China ist das auch international, aber damit sind wir jetzt wirklich so, jetzt sprechen wir von multinationalen Zusammenhängen.

André Wolf:

[26:15] Haben das auch die Staaten anerkannt, die jetzt da nicht direkt mit am Tisch saßen? Weißt du das?

Michael Holtkamp:

[26:20] Ja, das ist ein bisschen, ich glaube, das ist ein riesen Flickenteppich.
Also wer dann, also ich glaube, es wurden im Laufe der Zeit immer mehr.

Michael Holtkamp:

[26:35] Ähm, wie viele es zu diesem Zeitpunkt waren, bin ich mir nicht sicher.
Ich glaube, ich habe es mir nicht notiert.
Ähm, es waren, glaube ich, mehr als die 13 Gründungsmitglieder in, in Shanghai. High.
Und an dieser Stelle weiß ich nicht. Hier war es wahrscheinlich eher ein loser Zusammenschluss.
Später wird diese, wird die wird die internationale Drogenpolitik dann zur Aufgabe des Völkerbundes gemacht, als der dann gegründet wird. Zu diesem Zeitpunkt gibt es den noch nicht.
Der wird erst nach dem Ersten Weltkrieg gegründet und dann nach dem Zweiten Weltkrieg gehen diese Aufgaben vom Völkerbund an die Vereinten Nationen über.
Und dann bist du wirklich Und das, was die dann machen, das wird dann von zig Staaten ratifiziert.
Und dann kannst du wirklich von einer globalen Drogenpolitik sprechen.
Nicht in dem Sinne, dass 100% aller Staaten weltweit Teil der Vereinten Nationen sind oder das immer ratifizieren oder auch wirklich umsetzen.
Aber so im Laufe der Geschichte werden es immer mehr.
Ein paar beteiligen sich eher freiwillig, andere werden gezwungen.
Aber da kommen wir gleich noch zu.

Michael Holtkamp:

[28:00] Gut, also das ist sowas wie die Geburtsstunde der globalen Drogenprohibition.
Aber Cannabis ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht betroffen.
Ähm, zwar hatte Italien auf dieser Konferenz vorgeschlagen, dass man Cannabis den anderen Drogen gleichsetzt und die anderen Drogen, das sind dann so Sachen wie Opium, Opiate, Morphium, Kokain und noch ein paar andere.

Michael Holtkamp:

[28:33] Aber die meisten waren wohl der Meinung, dass sie zu wenige Informationen über Cannabis haben, um jetzt zu beschließen, dass man das den anderen Drogen gleichsetzen sollte.
In den meisten Ländern war vielleicht Hanf als Nutzpflanze bekannt, aber jetzt Cannabis als Droge eher nicht.
Oder vielleicht war es bekannt, aber wurde nicht wirklich von vielen Leuten konsumiert.
Auf den Vorschlag von Italien hin gibt es dann einen belgischen Abgeordneten, der wiederum vorschlägt, dass man Cannabis doch als Angelegenheit der nationalen Gesetzgebungen der betroffenen Staaten behandeln soll.
Also die Leute, nicht die Leute, aber die Staaten, die meinen, dass sie ein Problem damit haben oder dass es bei ihnen in den Ländern geregelt werden sollte, die sollten das doch dann angehen, aber in einer nationalen Anstrengung.
Und das sollte jetzt noch nicht Teil dieser internationalen Bewegung sein.
Und auf diesen Vorschlag hin zieht Italien dann auch den Antrag zurück und Cannabis ist erstmal außen vor. Die…

Michael Holtkamp:

[29:49] Das deutsche Kaiserreich, das damals auch vertreten war, hatte übrigens kein Interesse daran, Cannabis mit zu berücksichtigen.
Wie ich eben sagte, weil eben auch in Deutschland damals das keine Rolle spielte als Droge.
Selbst zehn Jahre später übrigens, also 1921 nach dem Ersten Weltkrieg, da ging mal eine Anfrage an Franz Bumm.
Das war damals der Präsident des Reichsgesundheitsamtes.
Der erhielt eine Anfrage und antwortete daraufhin, dass der indische Hanf, so nannte man das damals, in Deutschland missbräuchlich nicht gebraucht wird.
Und 10 Jahre zuvor war es wahrscheinlich ganz ähnlich aber Hanf, war schon gebräuchlich jetzt nicht als Droge, aber eben schon als Rohstoff und als Medizin und somit war es zu wichtig als dass man jetzt es gibt.

André Wolf:

[30:56] Doch keine Informationen über den Konsum von Hanf als Droge in der damaligen Zeit.

Michael Holtkamp:

[31:02] In Deutschland zumindest Nee, also ich weiß nicht, worauf diese Aussage von dem Herrn Bum basierte, aber ich habe mal versucht, das zu recherchieren, aber ich habe da nichts gefunden.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es vollkommen unbekannt war,

Opiate und Kokain für Kriegsversehrte

Michael Holtkamp:

[31:25] aber es war, glaube ich, damals kein weit verbreitetes Phänomen. So, dann…
Kurz später, also die Konferenz war 1911, 1912, dann 1917, inzwischen hat der Erste Weltkrieg begonnen und der Bundesrat ermöglicht es Kriegsversehrten per Verordnung an Opiate und an Kokain zu kommen.
Oder zumindest leichter als vorher.
Wahrscheinlich um ihre Schmerzen zu behandeln oder vielleicht auch ihre seelischen Leiden.

Michael Holtkamp:

[32:13] Das ist eine von mehreren Anekdoten, wo es nicht allzu viel zu sagen gibt.
Aber das ist insofern ganz interessant, als dass wir eben diese Entwicklung der internationalen Drogenpolitik haben und alle möglichen Drogen werden verboten.
Aber du hast immer wieder so Ausnahmesituationen, wo Leute meinen, dass es eben politisch, dass es gute Gründe gibt, davon mal abzusehen oder eine Gruppe von Leuten gibt, wie in diesem Fall Kriegsversehrte.
Hatte, das ist jetzt wieder ein gerechtfertigter Anwendungsfall.

Michael Holtkamp:

[32:57] Und Deutschland war zu der Zeit oder davor auch tatsächlich schon so was wie eine Drogenküche.
Also so wird es tatsächlich oft bezeichnet.
Ich hatte ja gerade schon mal gesagt, dass die, ich glaube, Extraktion von Morphium ist das.
Oder Herstellung von Morphium, wie auch immer. Die wurde von einem deutschen Chemiker entwickelt.
Und du wirst gleich noch sehen, dass noch einige andere Sachen in Deutschland nicht nur entwickelt, sondern hergestellt wurden.
Aber da komme ich, eins nach dem anderen, komme ich gleich wieder, komme ich gleich drauf zurück.

Friedensvertrag von Versailles

Michael Holtkamp:

[33:28] So, also nach dem Ersten Weltkrieg wird dann der Versailler Vertrag abgeschlossen und…

Michael Holtkamp:

[33:36] Durch den Versailler Vertrag wird unter anderem Deutschland dazu verpflichtet, ein nationales Opiumgesetz zu verfassen und zu verabschieden.
Und zwar ein Opiumgesetz gemäß des internationalen Opiumabkommens.
Und das tun sie dann auch und zwar im Jahr 1920.
Da ist dann in diesem Gesetz, findet sich dann erstmalig, oh ne, Entschuldigung, falsche Zeile.
Also Deutschland tut das dann auch und zwar 1920.
Die verabschieden das nationale Opiumgesetz und dieses Opiumgesetz beinhaltet eine Strafandrohung, was wohl noch recht neu ist.

Michael Holtkamp:

[34:28] Und dieses Opiumgesetz war der Vorgänger eines Opiumgesetzes, was dann ein paar Jahre später kommt, komme ich gleich zu.
Was als das eigentliche erste Opiumgesetz bezeichnet wird, warum genau, bin ich mir nicht ganz sicher.
So, was ich eben schon mal sagte, nach dem Ersten Weltkrieg wird der Völkerbund gegründet und dieser übernimmt das internationale Opiumabkommen.

Cannabis-Verbot in Südafrika

Michael Holtkamp:

[34:59] Dann, im Jahr 1923, ist Südafrika dann das erste Land weltweit, das Cannabis tatsächlich verbietet. Das hatte vorher noch keiner gemacht.
Also vor 101 Jahren wurde Cannabis das erste Mal verboten.

Einfuhrzoll in Namibia

Michael Holtkamp:

[35:18] Also können wir davon ausgehen, dass Cannabis in Südafrika konsumiert wurde, aber nicht nur konsumiert und wahrscheinlich auch produziert.
Es wurde wohl auch exportiert. Da kommt jetzt ein deutscher Bezug rein.
Und sie haben es nämlich exportiert an den nordwestlichen Nachbarn, also Namibia.

André Wolf:

[35:36] Die ehemalige deutsche Kolonie.

Michael Holtkamp:

[36:06] Um den Konsum durch die indigene Bevölkerung zu unterbinden.
Das war wohl ziemlich vergeblich, aber sie haben es versucht.
Und da das wohl importiert wurde aus Südafrika, haben sie einen Einfuhrzoll verhängt, um wahrscheinlich de facto sowas wie eine Prohibition zu erreichen, oder zumindest teurer oder aufwendiger zu machen, Cannabis zu importieren.

Michael Holtkamp:

[36:43] Ähm, das war so, das wollte ich nur einmal erwähnen, weil das war, das war das erste Mal in der deutschen Geschichte, in Anführungsstrichen, das war jetzt nicht auf deutschem Boden, aber gut, in einer damaligen deutschen Kolonie, das erste Mal, dass überhaupt Cannabis irgendwie reguliert wurde.
Oder zumindest Cannabis im Speziellen.

Apothekenpflicht

Michael Holtkamp:

[37:08] Es gab nur eine Sache, die schon vorher mal stattgefunden hat und zwar im Jahr 1872.
Da wurde eine Apothekenpflicht eingeführt für verschiedene Drogen und chemische Präparate.
Und das beinhaltete eben den sogenannten indischen Hanf.
Es waren noch viele andere Sachen, aber unter anderem Hanf.

Michael Holtkamp:

[37:34] Ich glaube, meine Quelle dafür ist dieses Buch Kiffen und Kriminalität von Andreas Müller, was ich schon mal erwähnt hatte.
Und der weist dabei nochmal darauf hin, dass diese Regulierung wirklich nur darin bestand, dass man unter anderem Hanf dann nur über Apotheken vertreiben bzw.
Nur über Apotheken beziehen durfte. aber es beinhaltete keine anderen Einschränkungen oder Verbote.
Also zum Beispiel gab es damals keine Altersbeschränkungen.
Das heißt, es wurde keineswegs unmöglich gemacht, Hanf zu beziehen.
Man musste das halt nur über eine Apotheke beziehen.
Und das war tatsächlich das erste Mal in der deutschen Geschichte, dass Cannabis irgendwie reguliert wurde.
Nur halt nicht im Speziellen, sondern da war es halt eine von vielen verschiedenen Drogen.

Zweite internationale Opiumkonferenz

Michael Holtkamp:

[38:30] Okay. Jetzt waren wir ja in der Zeit ein bisschen zurückgesprungen.
Ich hatte gesagt, 1923 hatte Südafrika das Verbot erlassen.
Im Jahr 1924, 1925 findet dann die zweite internationale Drogenkonferenz statt.
Die erste war ja in Den Haag, die zweite findet jetzt in Genf statt, möglicherweise weil das der Sitz des Völkerbundes war.
Und auf dieser Konferenz wird die internationale Opiumkonvention oder das Opiumabkommen, wie auch immer, verschärft.
Unter anderem durch die Hinzunahme eines Cannabis-Verbotes. Gerade hatte ich gesagt, bei der ersten Konferenz wurde es noch außen vor gelassen.
Jetzt wird Cannabis mit aufgenommen und zwar auf Drängen von Ägypten.
Auch Länder wie Südafrika, die es ja im Jahr zuvor verboten hatten und die Türkei waren dafür, aber bei den meisten Teilnehmern oder die meisten Teilnehmer haben wohl nicht wirklich einen Bedarf gesehen, Cannabis zu verbieten, wie ja auch schon zuvor. Ja.

Michael Holtkamp:

[39:38] Länder wie China und die USA zum Beispiel sahen keinen Grund dafür.
Länder wie Großbritannien und Indien waren zunächst sogar dagegen, aber irgendwie, ich weiß nicht wie, haben die dann ihre Gegenposition aufgegeben.
Und letztendlich wurde dann Cannabis oder wurde dieses Cannabis-Verbot zum Teil des internationalen Opium-Abkommens.
Deutschland übrigens hat dafür gestimmt, für das Cannabis-Verbot.

Michael Holtkamp:

[40:15] Und den Hinweis, den ich da gefunden habe, war, dass Deutschland sich die Heroinexporte nach Ägypten sichern wollte.
Deutschland hat zu der Zeit tatsächlich Heroin hergestellt.
Firmen wie Bayer und IG Farben.

Michael Holtkamp:

[40:32] Die hatten, also bei Bayer weiß ich, dass sie es hergestellt haben bis 1931.
Ob IG Farben das hergestellt hat, bin ich mir nicht sicher, aber die haben auch Einfluss genommen auf die Gesetzgebung in Deutschland, beziehungsweise auf das Abstimmungsverhalten Deutschlands. Sonst komme ich auch gleich noch mal kurz zu.

Michael Holtkamp:

[40:53] Die Frage, die ich mir gestellt habe, also die Formulierung, die ich gefunden habe, und ich habe keine wirklich weiteren hilfreichen Informationen dazu gefunden, aber wie ich eben sagte, die wollten sich die Heroinexporte nach Ägypten sichern.
So, Ägypten war ja das Land, was auf diesem Cannabis-Verbot bestanden hatte.
Also vor allem die wollten das.
Jetzt wäre vielleicht die Erklärung, die am ehesten auf der Hand liegt, dass Deutschland Ägypten den Gefallen tun wollte, auch dafür zu stimmen und irgendwie bekommen sie dann im Gegenzug dafür die Möglichkeit oder weiterhin die Möglichkeit, Heroin nach Ägypten zu exportieren.
Das wäre möglich. Aber warum ich diese Überlegung ganz interessant fand, war, dass Legalisierungsgegner auch heutzutage ja immer das Argument anbringen, dass Cannabis eine Einstiegsdroge sei.
Da kommen wir nicht heute, aber an späterer Stelle nochmal zu.

Michael Holtkamp:

[42:04] Zum einen finde ich, ist überhaupt erstmal gar nicht klar, was eine Einstiegsdroge überhaupt sein soll, also wie das funktionieren soll.
Aber ganz unabhängig davon wurde das untersucht und es gibt keine Belege dafür, dass Cannabis eine Einstiegsdroge ist.
Wie dem auch sei, das Argument gibt es durchaus noch.

Michael Holtkamp:

[42:27] Wenn jetzt…
Sagen wir mal, wenn Deutschland damals schon daran geglaubt hätte, dass Cannabis eine Einstiegsdroge wäre, dann hätten sie ja denken können, okay, wir haben ein Interesse daran, dass die Ägypter weiterhin Cannabis konsumieren, weil das ist eine Einstiegsdroge, die Leute, die Cannabis konsumieren, viele von denen konsumieren dann später Heroin und wer verkauft ihnen das?
Wir verkaufen ihnen das Heroin, also möchten wir ja kein Cannabis-Verbot.
Das hätte ja so sein können.
Und das würde dann eben genau dem, oder das würde zu der aktuellen Argumentation passen.
Aber wie gesagt, die haben eben für das Cannabis-Verbot gestimmt. Und wenn sie damals…

André Wolf:

[43:16] Wobei natürlich der Gedanke auch gewesen sein könnte, na ja, wenn die Ägypter nicht mal an Cannabis rankommen, dann wechseln sie eben auf Heroin.

Michael Holtkamp:

[43:27] Genau.

André Wolf:

[43:27] Also das ist Substitutionsbeziehung. Jetzt bin ich da davon, ob ich jetzt das eine zuerst konsumiere oder das andere.
Aber das zu sagen, wenn ich soweit bin, dass ich von einer gewissen Substanz physisch oder auch nur psychisch abhängig bin, dass ich dann in jedem Fall ein Substitut brauche und wir liefern das Substitut.

Michael Holtkamp:

[43:46] Ja, also ich glaube, dass das viel wahrscheinlicher ist, dass die so gedacht haben.
Das würde ich auch vermuten. Die Sache mit der Einstiegsdroge erwähne ich nur, weil ich finde das jetzt rückblickend interessant.
100 Jahre später, jetzt sprechen immer alle davon, dass Cannabis eine Einstiegsdroge ist.
Wahrscheinlich haben die das damals überhaupt gar nicht gemacht.
Die meisten kannten das ja gar nicht wirklich als Droge.
Ja, ich finde es nur…
Ja gut, ich habe es ja schon erklärt. Aber wie gesagt, ich bin bei dir.

Michael Holtkamp:

[44:20] Wahrscheinlich sind die eher davon ausgegangen, dass das Substitute sind und wenn sie keinen Cannabis haben, dann greifen sie halt zu Heroin.

Erstes Reichsopiumgesetz

Michael Holtkamp:

[44:30] Ja, so, dann im Jahr 1929, also das war jetzt die zweite internationale Drogenkonferenz, die haben das Opiumabkommen verschärft.
Und im Jahr 1929 wird dieses dann in Deutschland ratifiziert und es wird das erste Reichsopiumgesetz verabschiedet.
Das von 1920 infolge des Versailler Vertrages, was ich gerade schon mal erwähnt hatte, das wird als Vorgänger bezeichnet.
Warum das kein vollwertiges Opiumgesetz war, kann ich dir nicht sagen, da muss man vielleicht Jurist für sein, aber das von 1929 wird als erstes Reichsopiumgesetz bezeichnet.
Und der Grund, dass es bis 1929 gedauert hat, das sind ja so vier, fünf Jahre nach der Konferenz, hatte wohl damit zu tun, dass Bayer und IG Farben eben noch da mitgemischt haben und ihre wirtschaftlichen Interessen gehört haben wollten, was auch immer das genau bedeutet.

Michael Holtkamp:

[45:50] Ähm, so, also, seit 1929 haben wir in Deutschland also ein nationales Gesetz, was Cannabis verbietet.
Es finden sich dort, oder es findet sich dort eine Formulierung wie Schädigung des Volkskörpers, ne, als Begründung für ein solches Verbot.
Ähm und das war also bei allem was wir bisher so besprochen haben spielte Gesundheit ja nie so wirklich eine große Rolle höchstens in China so im Zusammenhang mit Opium ne und, ähm ja aber in dem Reichsopiumgesetz finden sich tatsächlich Formulierungen die sich auf die Gesundheit beziehen, ähm, Es werden damals oder als Strafe auf den Cannabisbesitz stehen damals bis zu drei Jahre Zuchthaus, was neu ist, weil es die Strafandrohung vorher nicht gab.
Und seitdem, also seit dieses Gesetz gilt, das ist am 1.
Januar 1930 in Kraft getreten, seitdem haben wir in Deutschland ununterbrochen die Strafbewertheit des Cannabis-Besitzes.
Also seit jetzt über 94 Jahren.

Pervitin alias Panzerschokolade

Michael Holtkamp:

[47:15] Dann sind wir in den 1930er Jahren. Nun kommen wir zur Zeit des Nationalsozialismus.
Da gibt es nicht allzu viel zu Cannabis zu sagen, weil es da keine nennenswerte Rolle spielte.
Aber nochmal Stichwort Drogenküche Deutschland.
Wir hatten bereits das Morphium und die Opiate und das Kokain im Ersten Weltkrieg.
Und im Zweiten Weltkrieg wurde eine Droge oder wurde eine, sie haben es wahrscheinlich nicht als Droge bezeichnet, wahrscheinlich haben sie es als Medikament bezeichnet.

Michael Holtkamp:

[47:59] Da kam ein Medikament namens Pervitin zum Einsatz und Pervitin ist das was wir heute als Methamphetamin bezeichnen beziehungsweise als Crystal Meth das ist, Methamphetamin oder ich weiß nicht ob Methylamphetamin das gleiche ist, ja aber das war War wohl auch eine deutsche Entwicklung und im Zweiten Weltkrieg kam die zum Einsatz.
Die wurde in großen Mengen Soldaten verabreicht.
Die hatte den Spitznamen Panzerschokolade und ich werde mal eine Doku dazu verlinken und vielleicht, ich weiß das aus dem Kopf nicht mehr, weil ich noch so alles für Quellen dazu habe, aber da findet man ein bisschen was zu.
Und es gibt tatsächlich Erzählungen von mal zum Beispiel Truppenbewegungen oder Schlachten im Zweiten Weltkrieg, die wohl laut der Historiker eigentlich nur damit zu erklären sind, dass die Soldaten eben alle Pervitin bekommen haben, weil die wohl teilweise in der Lage waren, einfach zwei Tage zu marschieren.
Ähm und äh ja gut ähm.

Michael Holtkamp:

[49:19] Außerdem haben wir, also ich finde diese Anekdoten immer mal, wie soll ich sagen, also einerseits lockert es das alles so ein bisschen auf, aber zum anderen sieht man so, dass natürlich so da viel durcheinander geht.
Es gibt natürlich unzählige Drogen und jeder wird irgendwie ein bisschen anders behandelt und je nachdem, welche Gesellschaftsschicht die Droge konsumiert oder wie weit sie verbreitet ist oder wer sie herstellt, sie werden irgendwie alle immer anders behandelt.
Und einerseits hast du eben im großen Stile diese internationale Entwicklung der Drogenkontrolle und andererseits findest du dann aber in den Staaten, die eigentlich dabei mitmachen, findest du immer so Ausnahmen, wo irgendjemand dann meint, es sei gerechtfertigt, das dann doch zu konsumieren bzw.
Leuten, in dem Fall Soldaten, zu verabreichen.

Auf!

Michael Holtkamp:

[50:28] Dies ist eine Sendung der Graukaue. Alle meine Sendungen inklusive der Sendungsnotizen gibt’s auf graukaue.ru Die Audio-Podcasts findet ihr in eurer Podcast-App.
Und die Video-Podcasts auf meinem YouTube-Kanal.
Mit der Außenwelt kommunizieren tue ich über X.
Und über Mastodon.

Michael Holtkamp:

[50:53] Wenn ihr für Vortrieb sorgen wollt, unterstützt mich bei Patreon.
Glück auf!